Leben Pur – Beziehung, Liebe und Sex in der heutigen Gesellschaft

November 4, 2009

2.9 Postpubertäre Midlife-Crisis – die Sache mit dem Altersunterschied…

Filed under: Liebe & Sexualität — hackreb @ 8:26 pm
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Ein Freund von mir fragte mich neulich um Rat, wir er mit einer – in seinen Augen sehr außergewöhnlichen – Situation umgehen solle. Ich habe ihm das geraten, was jeder gute Freund in dieser Situation rät und damit war das Thema für mich eigentlich erledigt. Irgendwie hat mich das Ganze aber nicht so richtig losgelassen und so begann ich mit Menschen zu sprechen und deren Meinungen und Erfahrungen zu sammeln. Was ich hierbei in vertraulichen Gesprächen erfahren durfte, war enorm. Doch worum gehts überhaupt?

Besagter Freund ist ein paar Monate älter als ich und er lernte vor einiger Zeit ein 17-jähriges Mädchen kennen. Zunächst dachte er sich nicht viel dabei und die beiden führten ein wenig Smalltalk, doch recht schnell entwickelte sich daraus das eine oder andere tiefgründige Gespräch. Er selbst war wohl überrascht von der Tiefe der Gespräche, die er mit einem soviel jüngerem Mädel führen konnte und auch die Kleine war offenbar überrascht von der ähnlichen Wellenlänge. So ging es wohl einige Zeit, bis sie sich das erste Mal näher kamen. Offenbar war auch hier nicht der erwartete Generationenkonflikt zu erkennen und sie hatten offenbar eine recht gute Zeit.

So ging das eine ganze Weile bis die obligatorische „Ich will mehr“ Situation eintrat. Diese tritt übrigens immer ein, entweder bei ihr oder bei ihm. In 99% der Fälle ist spätestens an dieser Stelle Schluß, es sei denn beide Seiten haben sich verliebt. Leider sollte meinen Freund dieses Glück nicht wiederfahren. Oder sollte man eher sagen zum Glück? Ich weiß es nicht. Doch wie ging es weiter?

Er tat das, was jeder Mensch der sich verliebt tut – er sprach über seine Gefühle und offenbarte sie ihr. An dieser Stelle wäre wohl jede Frau ab… sagen wir mal ab 21… dazu übergegangen die Sache zu beenden, er hatte Glück. Zumindest dachte er das damals noch. Sie war zwar etwas zurückhaltend, aber sagte auch ihm, dass sie verliebt sei.

1 Woche später war alles vorbei.

Wie kommt das?

Ich dachte er wäre ein Einzelfall, aber in der Tat kommt so etwas gar nicht so selten vor. Betrachten wir zunächst mal den Altersunterschied und die Motivation der jeweiligen Personen.

Warum überhaupt Interesse?

ER ist Ende Zwanzig und lernt ein junges Mädchen mit 17 Jahren kennen. Seine anfänglichen Bedenken, dass sie noch komplett unreif sei, widerlegen sich durch die Gespräche. Er sieht in der Kleinen die Möglichkeit sie noch ein wenig zu formen, was man nicht negativ interpretieren sollte. Ein „älterer“ Mann hat nun mal in der Regel schon einiges an Lebenserfahrung hinter sich und möchte diese Erfahrung natürlich auch weitergeben. Wenn er nun ein junges Mädel kennenlernt sieht er darin die Chance ihr die schlechten Erfahrungen zu ersparen und direkt die schönen Dinge des Lebens aufzuzeigen. Des Weiteren sind sicherlich Faktoren wie ein schöner Körper, ein junges Gesicht und ganz besonders die Tatsache, dass sie noch nicht durch die Arschlochtypen dort draußen in der Welt kaputt gemacht wurde, eine Motivation. Mein Freund nannte als Motivation zwar nur eines: Er war verliebt. Ich persönlich glaube ihm, aber ich bin mir sicher, dass die genannten Faktoren durchaus auch eine Rolle gespielt haben.

SIE dagegen ist noch recht  unerfahren, hat sicherlich schon die eine oder andere Eskapade in ihrem Leben erlebt und glaubt zu wissen, dass sie bereits alles krasse und ultimative in ihrem Leben erlebt hat. Dennoch ist es natürlich spannend, wenn plötzlich ein „älterer“ Mann Interesse an ihr zeigt. So weiß doch ein fast 30jähriger sehr viel mehr über das Leben als die Jungs im ähnlichen Alter. Erfahrungen sind hier definitiv das Stichwort. Es ist erfrischend einen Mann kennenzulernen, der weiß was eine Frau mag, der weiß wie man sie zu behandeln hat und der auch mit beiden Beinen im Leben steht.

Wo genau liegt jetzt das Problem?

Das Problem liegt in der Tat nicht zwangsweise am Alter, ich will das auch nicht pauschalisieren. Das Problem liegt auch nicht in den unterschiedlichen Erfahrungsstufen der beiden. Das Problem ist ein unterschiedliches Verständnis der zwischenmenschlichen Beziehung und dem damit verbundenen Handeln.

Eine solche Affaire läuft immer genau solange gut, bis einer von beiden sich verliebt – dies ist in der Regel – in diesem Altersbereich –  der Mann. In diesem Moment ist es ganz natürlich, dass man „mehr“ fordert und die „Kleine“ ist dann einfach völlig überfordert. War es doch bisher eine spannende und interessante Erfahrung begehrt zu werden, muss sie sich nun plötzlich aus dieser bequemen Situation herausbewegen und Verantwortung übernehmen. Es geht plötzlich nicht mehr um ein unkompliziertes Miteinander á la „haben wir diese Woche keine Zeit, dann eben die nächste Woche“, sondern um Verpflichtungen. Selbstverständlich ging das Mädel diese Verpflichtungen auch schon bisher in ihren Beziehungen ein, doch in diesem Fall stellen sich ganz neue Situationen und Probleme. Es geht nicht mehr darum nur  zusammen Zeit zu verbringen, sondern plötzlich seinen Freunden, seiner Familie und sich selbst gegenüber zu rechtfertigen warum man plötzlich einen soviel älteren Freund hat. Ist ja nicht normal. Das natürliche „Ich will mit Dir zusammen sein“ wird überschattet von einer Angst vor dem Unbekannten und dem Gefühl sich entsprechend älter zu benehmen als man eigentlich ist. Sie bekommt Angst ihre Identität zu verlieren.

Diese Angst ist auch berechtigt. Seien wir mal ehrlich – wenn ich mein Leben heute anschaue, muss ich gestehen dass ich noch geistig recht jung geblieben bin (ausserhalb des Business wohlgemerkt). Ich gehe noch immer gerne Party machen und unternehme gerne verrückte Sachen. Wäre ich Familienvater wäre das sicherlich anders. Dennoch habe ich nicht mehr Bedürfnis jedes Wochenende 48 Stunden auf Achse zu sein oder jeden Abend mit meinen Freunden zu verbringen. Das ist normal in diesem Alter. Es ist aber auch normal für die 17 jährige eben genau das Gegenteil zu tun und hier ergeben sich einfach zwangsläufig enorme Reibepunkte.

Diese Reibepunkte müssen nicht bedeuten, dass es nicht klappen kann – aber sie sind definitv eben genau das – Reibepunkte. Mein Freund gab sich der Hoffnung hin, dass die Gefühle es schon retten würden – um ehrlich zu sein, teile ich diese Meinung, da ich dann doch irgendwie ein bisschen ein Romantiker bin und denke dass Gefühle immer das wichtigste in einer Beziehung sind. Genau hier ist aber der Knackpunkt. Eine 17 jährige denkt einfach noch nicht so – das hat nichts damit zu tun, dass sie ein schlechter Mensch ist, sondern liegt in der Natur der Sache. Als fast 30 jähriger weiß man, dass Freunde und Party zwar ein wichtiges Element im Leben sind, aber nicht das wichtigste. Wenn man die 10. Affaire und die eine oder andere gescheiterte Beziehung hinter sich hat, weiß man dass es nicht darauf ankommt, was die Rahmenbedingungen für positive Zukunftsaussichten mit sich bringen, sondern das die Basis stimmt. Diese Basis lautet Verliebtsein und der Rest ergibt sich. Ich kenne soviele Menschen, die sich auf eine vielversprechende Zukunft eingelassen haben und gescheitert sind. Natürlich kenne ich auch einige Menschen, die nur auf ihr Herz gehört haben und es auch hier nicht geklappt hat. Fakt ist, dass die richtige Mischung aus Emotion und Vernunft der richtige Weg sind.

Ich will nicht pauschal behaupten, dass so etwas nicht klappen kann, aber wenn man so eine Liebe wagt (und ich bin übrigens absolut nicht dagegen – wer sich gerne hat, soll zusammen sein – egal wie der Altersunterschied ist), dann ist das absolut Wichtigste überhaupt Kommunikation. Beide Seiten müssen miteinander reden, müssen über die Sorgen und Ängste sprechen und auch darauf eingehen. Das grundlegendste Bedürfnis eines jeden Menschen ist das Streben nach Sicherheit. Fakt ist, je jünger man ist, desto stärker ist dieses Streben. Die Verantwortung sich plötzlich dem Unbekannten hinzugeben ist nicht zu unterschätzen – vor allem bei einem jüngeren Menschen. Sowas macht Angst und da ist der Punkt, an dem das Mädel sich unter Druck gesetzt fühlt nicht weit entfernt.

Was hätte mein Freund tun können?

Mein Freund fragte mich, was er hätte anderes tun sollen als ihr seine Gefühle zu offenbaren. Ich denke, dass es absolut richtig war. Sowohl er als auch ich sind der Meinung dass das Spiel „Ich zeige Desinteresse und wecke damit Interesse“ zwar sehr häufig angewendet wird, aber auf keinen Fall richtig ist. Wenn man einen Menschen gern hat, dann soll man das zeigen können. Ich spreche hierbei nicht von der totalen Aufgabe seiner selbst und dem Klettenverhalten, aber wir sind nun mal Menschen und haben Gefühle. Wenn das Gegenüber die gleichen Gefühle hat, dann wird es auch funktionieren. Das genannte Spiel ist nur ein Balzverhalten und setzt uns auf eine Ebene mit der Tierwelt und davon halte ich nichts. Ich bin Humanist 😉

Leider kenne ich die Kleine nicht und weiß daher auch nicht was in ihr vorgeht. Ich persönlich schätze aber, dass sie ihn zwar gern hatte, aber sich einfach überfordert gefühlt hat. Sowohl überfordert als auch selbst überschätzt. Für eine 17-jährige ist der Begriff des Verliebtseins vielleicht eher ein Begriff der Verknalltseins, sprich Begeisterung für jemanden zu empfinden. In meinem Alter gibt es so etwas wie verknallt sein aber nicht mehr – basierend auf den Erfahrungen die man gemacht hat, macht es entweder im Herzen „klick“ oder eben nicht. Diese Begeisterung ist dann echt und verschwindet nicht nach kurzer Zeit wieder. Ich will nicht sagen, dass ein junger Mensch nicht lieben kann, aber wenn man älter ist bedeutet der Begriff des Verliebtseins sicherlich weniger Oberflächlichkeit.

Fazit

Paolo Coelho hat mal wunderbar im „Alchimisten“ geschrieben: „Wenn du etwas ganz fest willst, dann wird das Universum darauf hinwirken, daß du es erreichen kannst.“ Dieses Zitat ergänze ich gerne noch aus dem „Kleinen Prinzen“: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“.

Diese wunderbaren Zitate beschreiben das, worauf es im Leben immer – und zwar wirklich IMMER – ankommt. Man muss auf sein Herz hören, nur so hat die Möglichkeit glücklich zu werden. Dennoch sollte die Vernunft eine Rolle spielen, aber eben nur eine dem Herzen untergeordnete. Mein Freund hat nur einen Fehler gemacht: Er hat das Denken mit dem Herzen aus seiner Sicht gesehen und nicht erkannt, dass die Kleine einfach noch auf einer anderen Interpretationsebene war.

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