Leben Pur – Beziehung, Liebe und Sex in der heutigen Gesellschaft

Oktober 26, 2009

2.5 Run or Stay – jein ich weiß nicht ob ich will.

Filed under: Liebe & Sexualität — hackreb @ 11:54 pm

Es gibt Tage an denen ich mich frage, wer sich eigentlich all diese „Liebeskomödien“ im Kino anschaut. Es ist eigentlich immer (und wirklich immer) die gleiche Geschichte. Junger Mann und junge Frau lernen sich kennen, können sich nicht leiden, nähern sich dann aber im Laufe des Films an, es gibt einen großen Streit und am Ende legt einer von beiden seine Gefühle brach, was dazu führt, dass die Beiden doch noch zusammenkommen. Schnitt. 2 Jahre später – Hochzeit auf einer grünen Wiese oder wahlweise dem heimischen Hofe (jeder Darsteller hat eine Villa im Kolonialstil mit sehr großem, perfekt gemähten Garten und einer weißen Pergola). Läuft es so im wahren Leben ab? Na, ich weiss nicht.

Mal davon abgesehen, dass der normale Industriekaufmann sich vielleicht gerade die Pergola, nicht aber das dazugehörige Haus leisten kann, sind die Beziehungen die ich so kenne – und auch selbst erlebt habe – ein klein bisschen anders abgelaufen.

Das schöne an diesen Filmen ist, dass es Filme sind. Das traurige daran ist, dass sie mit der Wirklichkeit mal so irgendwie gar nichts gemein haben. Das Happy End macht einen zwar für den Moment in der Tat „happy“, wenn die DVD aber zu Ende ist und die Tine mit Ihren 4 Wänden den TV-Bildschirm wieder füllt, finden wir uns ganz schnell in der Wirklich wieder.
Das Leben sieht in der Regel nämlich etwas anders aus: Wir lernen jemanden kennen, entweder per Zufall oder wie etwa 2/3 der Deutschen bei der Arbeit oder über Freunde. Man findet sich sympathisch, geht ein paar Mal aus, landet irgendwann zusammen in der Kiste  – und dann? Wie geht’s weiter? Ist man zusammen? Ist man verliebt? Soll man eine feste Beziehung eingehen? Erstmal weiter daten? Fragen über Fragen – die Antwort ergibt sich meist ganz von selbst.

Was genau ist eigentlich Verliebheit?

Meine Mutter sagte stets, dass Verliebtheit ungleich Liebe sei. Ich glaube sie hatte Recht. Verliebt ist man am Anfang… man lernt jemanden kennen, es kribbelt im Bauch (und auch sonst wo) und alles ist ganz supitoll. Ich habe zwar noch nie die Welt rosa gesehen, aber offenbar kommt auch so was bei dem einen oder anderen Menschen vor. Man liegt abends im Bett, erinnert sich an den Abend und kann es kaum erwarten, den Menschen wiederzusehen, der einen plötzlich ganz stark interessiert.

Nach einiger Zeit entwickelt sich das ganze weiter und es ergibt sich eine der berühmten Kreuzungen im Leben, in denen man nur rechts oder links gehen kann. Die eine Richtung bedeutet das obligatorische „Lass uns lieber Freunde sein“ und endet in der Regel in Frust und Enttäuschung. Sollte es irgendwem in der Tat schon einmal gelungen sein, direkt aus einer Beziehung heraus eine Freundschaft zu schliessen, dann möge diese Person sich bei mir melden. Ich habe es selbst versucht und musste feststellen, dass es irgendwie nicht funktioniert.

Die andere Richtung dagegen zeigt in Richtung Liebe und hier wird es dann interessant.

Der Übergang von der Verliebtheit in Liebe definiert sich wohl dadurch, dass man nicht mehr jeden Tag zitternd vor Aufregung darauf wartet, dass sein Schatz nach Hause kommt, sondern dass plötzlich ganz andere Dinge im Vordergrund stehen. Gemeinsame Interessen, zusammen die Freizeit gestalten, die Macken des Anderen ohne Probleme ertragen… einfach miteinander eine verdammt gute Zeit haben. Des Weiteren beginnt man wohl den anderen zu respektieren, man beginnt Verantwortung zu übernehmen und ist plötzlich ganz freiwillig zu Kompromissen bereit.

Man sieht also, dass Liebe definitiv tiefgründiger ist als das oberflächliche Verliebtsein.

Die Sache mit dem Ego

Ein Freund von mir hat eine Freundin, in die er nie verliebt war. Er selbst bezeichnet das Ganze als „Wir sind direkt auf die nächste Stufe gesprungen“. Um ehrlich zu sein, beißt sich das mit meinen Vorstellungen eine Beziehung einzugehen… ist es wirklich okay etwas Festes einzugehen, ohne dass man je verliebt war? Nie dieses Kribbeln hatte? Nie allein zuhause saß und sich wie ein Idiot auf den Abend gefreut hat, wenn man „SIE“ endlich wiedersieht?

Derselbe Freund sagte mir, dass Verliebtheit ein Ego-Ding sei. Fand ich eine wirklich interessante Theorie. Man ist heiß auf jemanden, ist neugierig die Person kennenzulernen, ist in der berühmten Jäger-Phase des Mannes und wenn man sie dann hat, dann verblasst das eben irgendwann und wird zu Liebe. Ist es tatsächlich so einfach?

Ist Verliebtheit nun also ein Ego-Ding oder ist es die Vorstufe zur Liebe? Die Antwort ist wahrscheinlich, wie so oft im Leben, von der individuellen Situation abhängig.

Vor allem aber stellt sich für mich die Frage, ob es Sinn macht etwas Neues mit jemandem einzugehen, der unglaublich gut zu einem passt und wo die gemeinsame Zeit wirklich klasse ist, aber in den man einfach nicht verliebt ist? Sollte man es einfach eingehen und schauen was sich draus entwickelt oder gibt man damit schon automatisch den Weg vor, diese Person zu verletzen und zu enttäuschen? Sollte man in diesem Fall nicht eher eine Freundschaft von Anfang an anstreben?

Ich habe für mich jedenfalls meine ganz persönliche Überzeugung, wie die Dinge ihren Gang nehmen sollten und ich habe auch viele Freunde, bei denen es eben genau so ablief: Man hat sich verliebt, ist zusammengekommen, daraus wuchs dann Liebe und heute sind sie noch immer glücklich. Dem Kribbeln ist Verantwortung und Respekt, vor allem aber Kompromissbereitschaft, gewichen.

Warum man sich häufig in die Falschen verliebt?

 

Ich habe für mich eine These aufgestellt, die gerade für alle Scheidungskinder da draußen interessant sein könnte – ihr verliebt euch immer genau in die Menschen, bei denen ihr sowieso schon wisst, dass es nicht funktionieren kann – und zwar genau aus diesem Grund. Es ist doch ein bequemes Gefühl sich in jemanden verlieben zu können, bei dem man sowieso schon weiß, dass es niemals wirklich ernst wird und man sich fest binden muss. Feste Bindungen bedeuten nämlich auch eines: Die Gefahr, dass die Beziehung scheitern könnte.

Wir sind verliebt – und es klappt trotzdem nicht?

 

Ja, so etwas gibt es und ich spreche hierbei nicht von dem kleinen dicken Jungen, der so gerne mal mit der Cheerleaderin ausgehen würde – ich spreche von beidseitigem Verliebtsein bei gleichzeitiger offensichtlicher Hoffnungslosigkeit. Beispiele? Sehr gerne.

Denken wir an das Paar, bei welchem der Mann 30 Jahre alt ist, die junge Dame aber gerade erst 17.

Probleme vorprogrammiert – unterschiedliche Freundeskreise, andere Interessen, völlig konträre Punkte in der Lebensplanung und wenn das Mädel gerne endlich in die Disko gehen darf, sitzt der Mann dann doch lieber gemütlich bei einer Flasche Wein zuhause.

Denken wir an das Paar, bei welchem der Junge türkischer Abstammung ist und das Mädel einen deutschen Pass mit sich trägt. Probleme vorprogrammiert – unterschiedliche kulturelle Traditionen, verschiedene Moralvorstellungen, Ehre, Stolz, Werte. Geht sowas gut ohne dass sich eine der beiden Parteien stark anpassen muss?

Denken wir an das Paar, bei welchem das Mädchen aus gehobenem Hause kommt („Papi ist Geschäftsführer“) und plötzlich den Möchtegerngangster mit abgebrochener Hauptschule und Sprachfehler nach Hause bringt. Yo und so.

Alter, Herkunft, Religion, sozialer Stand, Wohnort, Interessen, Vergangenheit… usw. sind Faktoren, die eine Beziehung von Anfang an zum Scheitern verurteilen können.

Die Prinzessin aus dem Märchen, die den armen Schmied heiratet ist zwar eine romantische Vorstellung, aber wie oft klappt denn so etwas in der Realität? Also gleich abhaken.

Ist es wirklich so einfach? Welche Rolle spielt denn der Faktor „Gefühle“ wirklich bei der Sache? Kann ich mit einem Menschen den ich liebe wirklich zusammen sein, wenn so viele andere Faktoren dagegen sprechen? Hollywood und diverse Romane zeigen uns, dass es möglich ist. Aber seien wir doch mal ehrlich – die Gesellschaft hat uns allen ihren Stempel aufgedrückt. Es gehört sich für einen 30 jährigen nicht, mit einer 17 jährigen zusammen zu sein. Eine Familie mit anderem kulturellen Hintergrund hat ihre Probleme mit einem eventuellen Schwiegersohn der so sehr anders denkt und handelt. Und ja, der arme Kerl auf Hartz IV wird niemals den Lebensstil bieten können, den Du bisher gewöhnt warst. Ich will diese Probleme nicht runterspielen, es sind Probleme. Die Frage ist aber, ob diese Probleme uns davon abhalten sollten gar nicht erst auf unser Herz zu hören sondern gleich den Verstand über alles zu stellen.

In der Regel lässt man es also gleich sein – somit entgeht man schon mal der Gefahr, dass es scheitern könnte. Ja, die Wahrscheinlichkeit ist in der Tat höher, dass es scheitert – aber der dumme Spruch „No Risk no Fun“ ist meiner Meinung nach gar nicht so dumm.

Run or Stay? Hört auf euer Herz und ihr werdet das Richtige tun.

1 Kommentar »

  1. Ich find deine These über Scheidungskinder garnicht so abwegig. Denn ich hab auch komischerweise die Frauen angebagger wo ich im unterbewußtsein schon wußte das das nix wird. Verblüffend.

    Kommentar von rob rob — Februar 17, 2010 @ 10:46 pm | Antworten


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