Leben Pur – Beziehung, Liebe und Sex in der heutigen Gesellschaft

Oktober 26, 2009

2.3 Ein bisschen vögeln muss schon drin sein – der Werteverfall der vielleicht wichtigsten Sache der Welt

Filed under: Liebe & Sexualität — hackreb @ 11:53 pm

Ich gehöre der Generation „BRAVO“ an – d.h. ich habe meine Jugend damit verbracht mich dem Thema Sex über eben diese Jugendzeitschrift anzunähern. Den meisten Menschen in meinem Alter ging es da wahrscheinlich ähnlich. Nicht dass Dr. Sommer & Co unbedingt der einzige Wegweiser waren, aber zumindest war es eine Möglichkeit sich dem Thema zu nähern ohne gleich in Stottern und Verlegenheit zu verfallen. Was genau hat aber eine Jugendzeitschrift mit dem Werteverfall zu tun?

Machen wir es mal einfach: Wenn man heute einen jungen Menschen nach der Bedeutung von Sex fragt, hört man in der Regel ganz unterschiedliche Aussagen als man sie von einem Mittzwanziger erfährt. Natürlich ist das so! Aber warum eigentlich?

Als junger Mensch hat man gewisse Ideale, die einem von Seiten der Gesellschaft, der Eltern oder auch der Medien vermittelt werden: Sex ist ein wesentlicher Bestandteil einer jeden Beziehung, sollte aber die Krönung des Ganzen sein und ist eigentlich kein autonomer Bestandteil, der ohne Liebe und Zuneigung funktioniert.

Paar Jahre und ein paar mehr oder weniger gute Erfahrungen später denkt man ganz anders darüber. Man hat Erfahrungen gesammelt, man ist das eine oder andere Mal auf die Schnauze geflogen und hat wahrscheinlich den einen oder anderen One-Night-Stand mit anschliessendem „Oh shit, was hab ich da wieder gemacht“ – Effekt am nächsten Morgen erlebt. Dies führt automatisch zu einer differenzierten Sicht der Sexualität.

Berücksichtigen wir nun noch den alltäglichen Umgang mit Sex á la „Grundnahrungsmittel“ durch Serien wie „Sex and the City“, „Teenager außer Kontrolle“ und der vierten minderjährigen Mutter auf Hartz IV im Fernsehen am heutigen Tag wird uns ganz unterbewusst mitgeteilt, dass Sex mehr und mehr ein Alltagsgegenstand wird und somit seine Bedeutung als etwas „Besonderes“ verliert.

Laut aktuellen Umfragen haben etwa 70% der 16 jährigen bereits einen Porno gesehen – ich persönlich glaube, dass die Dunkelziffer sehr viel höher ist. Die Frage ist hierbei, ob dies besonders schlimm ist – natürlich ist es rechtlich bedenklich, aber mal ehrlich – wer von uns hat in seiner Jugend immer brav nach dem Gesetzbuch gelebt? Doch wie schlimm ist das wirklich?

Man sollte sich der Realität nicht verschließen und genauso wie Tot und Zerstörung zur Realität auf dieser Welt gehören (Kriegsfilme bilden dies durchaus gut ab) gehört eben auch die Pornografie / Prostitution zu unserem Leben auf dieser Welt. Schließlich gibt es käuflichen Sex seit Tausenden von Jahren. Das Problem hierbei sehe ich allerdings in der steigenden Aggressivität mit der dieses Thema abgebildet wird. Mittlerweile trifft man gerade im Web ja nicht mehr „aus Versehen“ auf eine Pornoseite, sondern man muss schon aufpassen, dass man eben nicht auf eine solche trifft. Hierbei geht es dann aber nicht mehr um „gewöhnlichen“ Sex (klickt man ja schon gelangweilt weg), sondern es fallen einen plötzlich neue Begriffe wie „Deep Throat“, „SheMale Whore Gagging“ oder „Creampies“ ins Auge. In der Regel kann man nur erahnen was sich dahinter verbirgt und wenn man dann mal den Klick wagt, wird einem in der Regel schlecht – so geht es mir zumindest.

Ich bin sicherlich kein konservativer Mensch und bin durchaus Verfechter der Ansicht „Was gefällt, ist erlaubt“, aber es gibt einfach Grenzen. Was hier passiert entwickelt sich in eine gefährliche Richtung: der komplette Verlust an Respekt gegenüber Frauen, Männern oder dem Thema Sex allgemein. Die jungen Menschen, die dies heute mehr oder weniger versehentlich konsumieren empfinden diese Darstellungen irgendwann unterbewusst als normal. Man muss es ja nur oft genug sagen – dann glaubt man es (so hat schon manch ein amerikanischer Präsident sein Handeln gerechtfertigt).

Ganz ehrlich – ich finde diese Entwicklung verdammt gefährlich und kombiniert mit der ohnehin steigenden Verdummung unserer Gesellschaft durch die Medien (ja, ich zahle gerne GEZ) führt dies zu einem Werteverfall in ungeahntem Ausmaß. Es geht hierbei nicht darum den Fortschritt oder die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zu bremsen – es geht darum die Werte und Freiheiten die wir uns hart erkämpft haben zu bewahren. Spaßgesellschaft schön und gut, aber ohne Verantwortung beflügeln wir unseren eigenen Untergang.

Was also können wir tun? Verbote bringen nichts, das ist klar. Viel mehr sollten wir mit gutem Vorbild an die Sache rangehen. Zeigen wir unseren Kindern, dass sie ihre Freiheiten haben sollen, dass sie ausprobieren sollen, dass sie ihren eigenen Weg finden sollen. Aber zeigen wir ihnen gleichzeitig wie es richtig ist, damit sie eine Orientierung haben zu der sie zurückkehren können, wenn sie ihre schlechten Erfahrungen gemacht haben.

Doch es geht nicht nur um die Jugend – es geht auch um die älteren Generationen. Wir alle wissen, wer die Menschen sind, die das Erotikgeschäft im Internet zum lukrativsten überhaupt machen. Wir alle erkennen entweder an uns selbst oder im engen Freundeskreis die Menschen, die kaum mehr in der Lage sind Gefühle zu zeigen oder Geduld für einen Partner aufzubringen, da sie durch die ständige Berieselung von Sex als Alltagsgegenstand komplett abgestumpft sind.

Frauen haben hierbei den großen „Vorteil“ als Schlampe abgestempelt zu werden – das lässt die eine oder andere vielleicht zumindest 2 mal darüber nachdenken was sie tut. Männer dagegen postulieren sich durch die Kerben an ihrer Bettkante und stehen als die großen Stecher da.

Ich möchte hier nicht den Missionar spielen, der die sexuelle Freiheit verteufelt – ich selbst war in meinem Leben sicherlich kein Engel. Dennoch führt der ständige sexuelle Konsum zu einer Abstumpfung und das kann einfach nicht gesund sein.

Wir sollten ein wenig in uns gehen und wieder anfangen daran zu glauben, woran wir in unseren jungen Jahren geglaubt haben. Natürlich wissen wir heute, dass Sex mehr als Blümchenkuscheln ist und das ist auch gut so. Aber nur weil wir unseren eigenen Horizont erweitert haben, muss dies nicht bedeuten, dass wir gen Westen segeln und komplett unsere Küste aus den Augen verlieren. Ich glaube wenn wir manchmal etwas geduldiger sind und den Konsum ein wenig kritischer betrachten, wir durchaus die Gesellschaft ein kleines Stückchen in die – auf die Zukunft betrachtet – bessere Richtung lenken können.

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